Obama hat die besten Chancen, Sieger im Wettbewerb: „Worlds next Superpolitician“ zu werden. Der Hype um ihn erinnert mehr an einen Popstar, als an die langweiligen Politiker europäischer Prägung. Wir sind ja schon froh um Carla Bruni, die uns einen Hauch von Glamour als Premiere-Dame in Frankreich bietet.
Der Zeit-Mitarbeiter Jürgen von Rutenberg beschreibt in seinem Artikel „E-mail von Obama“ seine Sicht auf das Wahlkampfphänomen Barack Obama. Er zeigt die Mechanismen des Onlinewahlkampfes genau auf und es schwingt immer eine distanzierte Bewunderung für diese Art des Wahlkampfes mit: „Denn diese E-Mails haben tatsächlich eine Wirkung. Sie sind alles andere als Spam, dazu sind sie zu schön formuliert. Manchmal wunderschön. Ich bekomme jedenfalls nicht oft Mails, in denen Dinge stehen wie: „Jürgen, zusammen können wir Geschichte schreiben“; „Zusammen können wir mehr schaffen, als nur eine Wahl zu gewinnen. Zusammen können wir dieses Land verändern, und wir können die Welt verändern“; „Dies ist unser Moment. Dies ist unsere Zeit, dem Land, das wir lieben, eine neue Richtung zu geben.“ Let’s go!“
Diese Beschreibung macht sehr schnell deutlich, was „Jürgen“ so an „Barack“ beeindruckt; die emotionaliserte Art der Kommunikation. Dieses Gefühl, Teil einer großen, geschichtsträchtigen Bewegung zu sein. Schlicht und ergreifend: es schmeichelt dem eigenen Ego, Teil der Barack Obama Bewegung zu sein.
Allerdings stellte ich sehr schnell fest, dass Kurt-Beck-Partys oder eine Angie Merkel Unterstützungsbewegung den Charme einer Kartoffelsuppe haben. Wer wäre schon bereit, für die nächste Bundestagswahl 25 Euro plus X an die SPD oder die CDU zu spenden? Wer wäre schon bereit, seinen Freunden einen Link zu einer Youtube-Rede von Steinmeier oder Merkel zu senden? Wer würde in seiner Freizeit voller Begeisterung an einer neue Bundesrepublik mitbauen wollen? Barack Obama lebt von seinem Charisma und von seinem herrlich unpolitisch wirkenden Habitus.
Alleine die Diskussion über seinen Auftritt in Berlin macht deutlich, wie altbacken und „spießig“ die Politikerinnen und Politiker in Deutschland sind. Wie verkrampft sie mit dem Phänomen Obama umgehen. Wenn wir über die Alpen blicken und das Wahlkampfgetöse in Österreich anschauen, erwartet uns allerdings auch keine hoffnungsfrohere Botschaft. Da schlägt ein immer noch frustrierter Wolfgang Schüssel auf die Ex-Regierung mit der Bemerkung ein, die Kanzlerschaft sei eine „Selbsterfahrungs-WG ehemaliger Jusos“ gewesen. Ich wusste gar nicht, dass Molterer und Co bei den Jusos waren. Der immer machtbewusste Molterer phantasiert über Schwarz-Grün, obwohl 72 % der Österreicher davon ausgehen, dass es zu einer erneuten Großen Koaliton kommt. Mit der FPÖ wollen ja weder die SPÖ noch die ÖVP. Faymann und Burges kämpfen mit den Umfrageergebnissen und hoffen, dass die Basis sich erneut für den Wahlkampf mobilisieren lässt. Die Versuche der SPÖ und ÖVP im Web 2.0 stecken noch in den Kinderschuhen. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich fehlen die freiwillige Unterstützung einer Poltikerin oder eines Politikers wie das bei Barack Obama der Fall ist. Politik in Deutschland und Österreich ist langweilig oder fad. Es ist keine Hoffnung auf Erneurung zu spüren. Es werden die Ängste verwaltet oder brutal ausgenutzt. Die Wählerinnen und Wähler empfinden keinen Aufbruch; sie haben das Gefühl, dass sie in bester Beamtenmanier verwaltet und ihre wahren Sorgen und Ängste nicht mehr warhgenommen werden. Eine den Großteil der Europäerinnen und Europäer erfassende Zukunftsvision ist weit und breit nicht zu sehen oder zu hören. Wir werden weiter unsere Sehnsüchte und Wünsche in eine Hollywoodreife Polit-Persönlichkeit wie Barack Obama projezieren müssen, da wir in den heimischen Gefilden einfach keine Projektionsfläche finden.