Monatsarchiv: Juli 2008

Warum nur sind Sie schwarz?

Meine Frau kam kürzlich abends von einer Geschäftsreise nach Hause und sagte zu mir: „Weißt Du worüber ich wirklich glücklich bin? Dass ich weiblich und weiß bin und nicht männlich und schwarz oder südländisch bis orientalisch aussehe.“ Die erste Frage die mir einfiel und die ich spontan äusserte war: „Warum?“

Sie erzählte mir, dass auf der Strecke zwischen Strasbourg und Offenburg in den Regionalbahnen oder Strasbourg und Karlsruhe im TGV immer wieder Passkontrollen durchgeführt werden. Das, was uns so empört, da ich es in der Zwischenzeit auch mehrfach erlebt habe, ist, dass ausschließlich Männer und Frauen schwarzer Hautfarbe oder orientalisch aussehende Personen kontrolliert werden. Mich als Weißen lassen sie immer unbehelligt, die Damen und Herren der Bundespolizei oder wer sonst alles kontrolliert.

Am 5. Januar hat ein schwarzer Herr, der den Sitz hinter uns reserviert hatte und natürlich kontrolliert wurde, dem kontrollierenden Polizisten die Vertrauensfrage gestellt: „Warum kontrollieren Sie nur uns Schwarze und niemanden sonst?“ Die Antwort des Polizisten war, der Zug sei noch lang. Aha, dachte ich mir, eine sehr interessante Antwort, der Polizist muss Politiker sein, denn es war ein Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hatte. Auch auf meine Intervention, der Herr habe Recht, kam keine intelligentere Antwort.

Ich muss dieses Verhalten der Exekutive schlichtweg als Rassismus bezeichnen. Ich werde mir nach der Sommerpause die Mühe machen und in Ministerien und bei Politikerinnen und Politikern direkt nach Ihrer Meinung zu solch einem Vorgehen fragen. Seien Sie auf die Antworten gespannt, ich bin es auf alle Fälle. Denn es kann nicht sein, dass im vereinten Europa und in einer freiheitlichen Demokratie nur vermeintlich nicht dem mitteleuropäischen Standard entsprechende Personen einer Passkontrolle unterliegen.

Die Tragik dieser Geschichte war allerdings für meine Frau und mich, dass der schwarze Herr sich bei uns mit den Worten verabschiedete: „Ich weiß nicht, warum die immer glauben, wir sind böse. Damit müssen wir leben.“ Es gibt für mich kein schlimmeres Fazit aus solch einer Situation als dieses. Es gehört für mich zum Lebensglück dazu, dass jeder so akzeptiert wird, wie er ist. Ich dachte eigentlich, solche Kämpfe hätten wir in den 70ern und 80ern längst erfolgreich geschlagen. Falsch gedacht du alter, dummer Humanist.

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Heide Schmidt ist zurück

In Österreich hatte es die Liberale-Bewegung im Gewande des Liberalen Forums (LIF) nie leicht. Der Organistationsgrad ist verheerend und in den letzten Jahren hat die LIF es nicht geschafft, engagierte Kräfte zu binden. Mit Heide Schmidt tritt die Gründerin des LIF erneut als Spitzenkandidatin an. Heide Schmidt, die sich einst von der FPÖ abgetrennt hat, ist ein politisches Schwergewicht in Österreich und die große Hoffnung des LIF, am 28. September in den österreichischen Nationalrat einzuziehen.

Es erstaunte mich schon immer, dass es offensichtlich in Österreich kein nennenswertes Potential für eine sozial-liberale Partei gegeben hat und den Umfragen zur Folgen auch im Moment nicht gibt. Das LIF wird sich sehr anstrengen müssen, den mangelnden Organisationsgrad in den Ländern und Gemeinden zu kompensieren. Mit Hans-Peter Haselsteiner hat man einen glaubhaften Wirtschaftssprecher gefunden, der auch über das nötige Kapital verfügt, einen professionellen Wahlkampf zu ermöglichen. Denn ohne Budget ist im Medienzeitalter heute fast keine Stimme mehr zu gewinnen. Die Kommunalwahl in Graz 2003 hat bewiesen, dass das LIF, trotz starken Engagements der Kandidatinnen und Kandidaten, ohne Budget über den Status einer absolut bedeutungslosen Randpartei nicht hinauskommt. Das LIF hat die Lehren offensichtlich gezogen, setzt nun auf bewährte Kräfte und auf die Popularität von Heide Schmidt sowie das Geld von Haselsteiner und seinem Unterstützungskomitee. Eine liberale Partei im österreichischen Nationalrat wäre sicherlich wünschenswert, würde allerdings die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Großen Koalition erheblich erhöhen. Für mich bleibt vor allem spannend, mit welchen Themen sich das LIF profilieren will, um die notwendigen Stimmen für den Einzug in den Nationalrat zu erkämpfen.

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Obama siegt an der Siegessäule

Obama war die Nervosität anzusehen als er ans Rednerpult trat, doch schon nach wenigen Minuten war das Eis zwischen Berlin und Obama gebrochen – dank seiner emotional aufgebauten Erinnerung an die Luftbrücke. Obama hat die Rede gehalten, die erwartet wurde und ohne Mühe begeistere er die ca. 200.000 Berlinerinnen und Berliner, wie es den Politikerinnen und Politikern in Deutschland schon lange nicht mehr gelungen ist. Seine Rede war perfekt insziniert. Sie hat alle Big-Points in der deutsch-amerikanischen Geschichte abgegrast. Er hat eine neue Außenpolitik angebotenn was im Klartext mehr Engagement von den Allierten und den Europäern bedeutet. Er hat die Vision einer besseren Welt in den Berliner Himmel gezeichnet und die Botschaft wurde von den ca. 100.000 Menschen die vor Ort waren, begeistert angenommen. Er hat den Kampf gegen den Terrorismus und den Abbau von geistigen und tatsächlichen Mauern gefordert. Er thematisierte sowohl die Atomwaffen, wie auch die globale Erwärmung; die Menschenrechte und der Kampf um Freiheit und Demokratie prägten seine Rede.

Eines ist klar geworden; Obama erwartet eine „wirkliche“ Partnerschaft, das bedeutet gleichzeitig auch mehr Engagement der Europäer. Er machte deutlich, dass Amerika keine perfekte Nation ist und immer wieder Fehler gemacht hat, aber immer in bester Absicht. Damit traf er natürlich die Stimmung der Bushkritiker und davon gibt es ja in Europa genug.

Wenn Obama Präsident der USA wird, dann wird sich in der täglichen Politik zeigen, wie die transatlantische Partnerschaft tatsächlich neu belebt werden kann und ob es ihm gelingt, seine heute aufgezeigten Visionen auch umzusetzen.

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Obama trifft Merkel

Nun ist es endlich soweit, die Polit-Show Barack Obama hat begonnen. Er hat um 11:05 Angela Merkel im Kanzleramt getroffen.

Merkel ist freundlich, professionell mit Obama umgegangen. Obama wirkte zurückhaltend und war sich offensichtlich der heiklen Mission bewusst. Mit Spannung wird die Rede an der Siegessäule erwartet. Will Obama doch in dieser Grundsatzrede zur transatlantischen Partnerschaft seine Position verdeutlichen. Er muss vor allem die Amerikaner überzeugen, dass er außenpolitisch etwas zu sagen hat und von ihm ein neuer Stil zu erwarten ist. Die Wähler benötigen also schöne Bilder mit der europäischen Politielite.

Im Irak, Afghanistan und im Nahen Osten hat er diese Aufgabe bereits erfüllt. Für die jüdischen Amerikanerinnen und Amerikaner hat er nochmals deutlich gemacht, dass er das Existenzrecht Israels um jeden Preis verteidigen wird. Im Irak hat er mit seinem 16-Monatsplan gepunktet und mit seiner Zusage in Afghanistan den Kampf gegen den Terrorismus zu verstärken und auch die Partner stärker in die Pflicht zu nehmen, wollte er deutlich machen, dass er die amerikanischen Interessen durchsetzen will.

Beim Afghanistaneinsatz zeigt sich auch schon die erste Sollbruchstelle in der Deutsch-Amerikanischen-Partnerschaft und es bleibt abzuwarten, wie die deutsche Politik und vor allem die Bürgerinnen und Bürger auf ein verstärktes Engagement in Afghanistan reagieren werden. All dies ist allerdings Zukunftsmusik, heute zählen die schönen Bilder für Obama und für die Zuschauerinnen und Zuschauer die Sehnsucht nach einer charismatischen Figur in „Zeiten der Krise“. Slogans wie „Yes we can“ scheinen immer noch ihren Reiz zu haben. Solche Parolen rufen die Erinnerungen an erfolgreiche Kampagnen der geschundenen sozialdemokratischen Seelen hervor. Wer erinnert sich nicht an die erfolgreichen Kampagnen „Mehr Demokratie wagen“ oder „Willy wählen“. Ich jedenfalls bin gespannt, welche Signale Obama in den 45 Minuten an der Siegessäule nach Europa und vor allem in die USA senden wird.

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Operative Hektik ist ein Zeichen geistiger Windstille

Es werden in den letzten Jahren auf politischer Ebene immer wieder wichtige Probleme diskutiert und ab und zu auch gelöst. Jedoch hat es den Anschein, dass, auch unter Mithilfe der Medien, bei der Lösung vieler Fragen meist eine operative Hektik verursacht wird, ohne über die grundsätzliche Problematik nachgedacht zu haben. Wir sind meilenweit entfernt von systemischen und priorisierenden Lösungsstrategien. Wir versuchen Einzelprobleme zu lösen, ohne deren Auswirkungen auf andere Bereiche der Gesellschaft oder Politik zu reflektieren und zu hinterfragen. Wir weigern uns standhaft, über langfristige Auswirkungen unseres Handelns und unserer Entscheidungen auf politischer Ebene zu diskutieren, oder bei unseren Entscheidungen zu berücksichtigen. Es gibt nicht immer die einfache und schnelle Antwort auf drängende Fragen und nur die wenigsten Politikerinnen und Politiker wollen sich die Zeit dafür nehmen, oder widerstehen der scheinbaren Macht von Kameras, Mikrofonen und Interviews. Sie reden, ob Sie nun Ahnung haben oder nicht, wie z.B. Angela Merkel im Bild am Sonntag Interview, bei dem sie der Nation erklärte, die Hartz IV-Empfänger bekämen die Nebenkosten wie Strom und Heizung sowieso ersetzt. Und obwohl das natürlich nicht stimmt, sagte der Regierungssprecher nicht: „Entschuldigung, die Kanzlerin hat da etwas Falsches verbreitet“, sondern auf Politikerdeutsch des Regierungssprechers Steg hieß dies dann: „Eine gewisse Unschärfe der Formulierung“ habe sich eingeschlichen. Wer erinnert sich nicht an das Brutto-Netto-Debakel von Rudolf Scharping, bei dem dieser den Unterschied zwischen Brutto- und Nettolohn verwechselte. Dies sind nur 2 kleine Beispiele, bei denen Politiker bei 100%-iger Ahnungslosigkeit absolute Kompetenz vorheucheln und nicht den Mut haben, sich vorsichtiger auszudrücken oder einfach mal den Mund zu halten, wenn sie keine Antwort wissen.  Die meist diskutierten Themen in Deutschland waren in den letzten Jahren immer die gleichen:

  1. Wettbewerbsfähigkeit auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bzw. Arbeitslosen (siehe Hartz IV)
  2. Innere Sicherheit und Anti-Terror-Kampf (siehe: Bundestrojaner)
  3. Klimaschutz und Atomausstieg oder doch wieder Einstieg
  4. Reformen des Gesundheitswesens und der Renten
  5. Abbau von Steuervorteilen
  6. Der aktuelle Armutsreport in Deutschland
  7. Euro als Teuro bzw. galoppierende Inflation
  8. Jugendarbeitslosikgkeit und Pisaschock

Die Meinungen unserer Volksvertreter ändern sich bei diesem Themen nahezu im Stundenrhythmus. Einmal ist die CSU für die Abschaffung der Pendlerpauschale; kurz vor der Wahl will sie diese wieder haben. Einmal ist Klimaschutz ganz wichtig, dann haben wir wichtigere Probleme. So entsteht daraus nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen Menschen der Eindruck, wir sind, im besten Brecht`schen Sinne, Teil einer Aufführung des „Komödien-Stadls“. Die Bevölkerung hat das Hin und Her satt und erwartet Antworten auf die drängendsten Fragen. Allerdings zeigt sich auch hier die Sehnsucht nach operativem Krisenmanagement, ohne strategische Ausrichtung. Der Benzinpreis ist zu hoch, folglich muss der „Staat“ etwas dagegen machen. „Meine Oma“ liegt im Krankenhaus auf dem Flur, folglich muss der „Staat“ etwas gegen solche Zustände machen. Das dieses Schicksal 100.000 Omas und Opas vor „meiner Oma“ auch schon erlebt haben, interessiert die Mehrheit nicht. Die Lösung solcher gefühlten oder tatsächlichen Missstände ist wichtig und notwendig und ist ein Teil des täglichen Politikgeschäftes.

Nur mit Krisenmanagement und operativer Hektik wird die Vertrauenskrise in die Marktwirtschaft und die Demokratie nicht gelöst werden, denn es gibt keinen gesellschaftlichen Konsens mehr, was uns wirklich wichtig ist und wie wir in Deutschland und Europa zusammenleben wollen. Es gibt keinen gesellschaftlichen Diskurs über die gewollte und machbare Struktur der Arbeit, der Wirtschaft und der Finanzwirtschaft in Europa. Es wird nicht diskutiert, wie wir die Migration bewältigen wollen und was Bildung für uns bedeutet und was diese Investitionen in die Zukunft uns wert sind. Wir führen eben keine Debatte über die gemeinsamen Werte Europas oder auch Deutschlands. Wir haben eine problemzentrierte Diskussion und keine lösungsorientierte. Diese Art des operativen „Politmanagements“ macht zum Großteil die Attraktivität von Barack Obama in Europa aus. Er steht für die Neubelebung der amerikanischen Werte und ist ein Repräsentant des „American Dream“. Er verspricht ein sozialeres, partnerschaftlicheres und selbstbewussteres Amerika; er verspricht den Wechsel von der desaströsen Bush-Politik zu einer werteorientierten „amerikanischen“ Politik.

Welche Themen stehen nun zur grundsätzlichen Debatte?

  1. Wie sozial soll unsere Gesellschaft sein
  2. Wie einheitlich wird Europa
  3. Wie gestalten wir ein gemeinsames Europa der Regionen
  4. Welche Werte und Grundrechte sind in Europa und seinen Staaten „tonangebend“
  5. Wie wollen wir diese Erde unseren Kindern, Enkeln und Urenkeln überlassen
  6. Wie sichern wir den Energiebedarf für die nächsten Generationen ohne die Natur zu „vergewaltigen“
  7. Welche Bildung und Ausbildung sollen unsere Kinder erhalten und wer soll Zugang zu welcher Art von Bildung haben
  8. Wie soll die Wirtschaft und Demokratie gestaltet werden, um weiterhin den Wohlstand und die Teilhabe aller zu ermöglichen

Diese Diskussionen müssen geführt werden, ansonsten werden wir eine weiteren Erosion der Akzeptanz für Demokratie und Marktwirtschaft erleben und das Vertrauen in die Lösungskompetenz der „Eliten“ wird noch weiter sinken und damit Populisten und Radikalen Tür und Tor öffnen. Die Politikerinnen und Politiker müssen allerdings bereit sein, sich auf diese Diskussionen unvoreingenommen und auf Augenhöhe mit den Bürgerinnen und Bürgern einzulassen und nicht in Insiderkreisen und abgeschirmten Zirkeln eine von Dünkeln geprägte Politik zu kreieren. Die Gefahr für die Politikerinnen und Politiker ist das von mir oft so bezeichnete „Prinzip Kreml“. Nur jene Nachrichten erreichen die politische Elite, die diese entweder hören will oder für die Karriere des Überbringers förderlich sind. Auch eine noch so gut gemeinte „Volksverbundenheit“ auf Wein- und sonstigen Festen wird nur ein Zerrbild der tatsächlichen Lage der Nation zeigen. Es geht den Politikerinnen und Politikern nicht anders als allen Promis dieser Erde: Niemand sagt ihnen die Wahrheit und niemand wagt es, sie kritisieren, außer natürlich der politische Gegener und der zählt in der Wahrnehmung ja erst dann, wenn es Stimmen kostet. Die strategischen und grundsätzlichen Diskussionen lassen sich in Zeiten des Internets ja relativ einfach initieren und nicht mehr ganz so einfach moderieren. Wenn wir die Vertrauenskrise überwinden wollen, müssen wir den Diskurs suchen und die Bedürfnisse der Menschen ernst nehmen. Wir müssen eine übergeordnete Idee und vielleicht auch eine Vision über das Projekt Europa und Deutschland im 21. Jahrhundert setzen, denn nur, wenn der Großteil das Ziel unserer politischen Bemühungen kennt und unterstützt, werden die operativen Schritte auch in diesem größeren Kontext verstanden und eingeordnet. Ich freue mich über die Meinungen und Anmerkungen zu einer solch grundsätzlichen Debatte in der Blogsphäre.

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Frankreich hat nächsten Störfall im AKW Romans-sur-Isere

Erneut ist mit Uran angereicherte Flüssigkeit in einem französischen Atomkraftwerk ausgetreten. Die französische Atomaufsicht ASN geht davon aus, dass dieser Störfall allerdings keine Auswirkung auf die Umwelt habe.

Die Menge des Urans, das in der Brennstäbefabrik ausgetreten ist, beziffert die ASN mit 120 bis 750 Gramm. Das Uran ist aus einer seit mehreren Jahren brüchigen Leitung ausgetreten. Bei Bauarbeiten sei das Leck entdeckt worden. Allerdings seien der Vorfall in Tricastin und in Romans-sur-Isere nicht vergleichbar. „Der Grundwasserspiegel ist sehr weit weg, und der Boden ist wasserdicht versiegelt“, sagte die Sprecherin des Atomkonzerns FBFC.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die optimistische Sichtweise des Konzerns bestätigt. Ich bleibe bei meiner Meinung, dass die Nutzung der Atomenergie ein Tanz auf dem Vulkan ist und bleibt. Eine Lösung für die Endlagerung ist weltweit auch nicht in Sicht, wer soll solch eine Technik als zukunftsweisend betrachten? Ich jedenfalls halte sie für höchst gefährlich und für eine Technik von Vorgestern.

Link zur ASN-Meldung: http://www.asn.fr/sections/rubriquesprincipales/actualites/avis-d-incident/2008/rupture-d-8217-canalisation-rejets-d

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Urlaubszeit ist Roamingzeit

Jedes Jahr in der Urlaubszeit schnellten für viele Urlauber die Handyrechnungen in ungeahnte Höhen. Selbst wenn nur die Mailbox eingeschaltet war, lief die Bereicherungsmaschine der Telekommunikationsunternehmen. Abhilfe hat erst die EU mit der Festsetzung von Roaminggebühren geschaffen.Seit letztem Jahr zahlt man im Ausland aufgrund einer EU-Verordnung
max. 58 Cent für abgehende und 29 Cent für eingehende Gespräche.

Die Mobilfunkbranche zeigt sich jedoch nach wie vor als wenig lernfähig und versagt, wie schon bei den Roaminggebühren, auf ganzer Linie .  Bei den Preisen für das Versenden von SMS ist die Geduld der EU-Kommissarin Viviane Reding jetzt endgültig wieder erschöpft. Die Zeit, um die Preise für SMS von sich aus zu senken, war eigentlich lange genug, aber die Branche hat es erneut verpasst, ihre Selbstregulierungsfähigkeit zu beweisen. Abermals wird nun die EU die Preise festlegen, damit die Verbraucherinen und Verbraucher endlich faire Preise bekommen.

Die Gebühren sollen auf 11 bis 15 Eurocent festgesetzt werden. „Wir sollten sicherstellen, dass der europäische Binnenmarkt Wirkung zeigt und verhindert wird, dass sich überwunden geglaubte Grenzen auf den Handy-Rechnungen der Verbraucher auf einmal wieder bemerkbar machen“, erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und weiter „angesichts der jüngsten Preisentwicklungen, die von den nationalen Telekommunikationsbehörden beobachtet wurden, bin ich besonders besorgt wegen der hohen Preise, die die Verbraucher bei Auslandsreisen für Textnachrichten zahlen müssen.“

Solche verbraucherorientierten Maßnahmen, wie die Senkung der Roaminggebühren, gehen allerdings im allgemeinen EU-Frust häufig unter. Dabei profitieren die EU-Bürger hier direkt vom Binnenmarkt und der Deregulierung. Aber es scheint immer noch bequemer zu sein auf die EU und die in Brüssel einzudreschen als sich rational mit den Leistungen der EU auseinander zu setzen.  Da ich sehr viel in Europa unterwegs bin, freut mich diese Hartnäckigkeit der Eu-Kommissare und ich kann laut sagen: ich bin froh, dass es die EU gibt. Es gibt noch viel zu tun für ein harmonisiertes Europa; allerdings zeigt das Vorgehen im Bereich Roaminggebühren, dass die EU sich für die Verbraucherinnen und Verbraucher stark macht und auch mächtigen Konzernen länderübergreifend auf die Füsse steigt.

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Frankreich ist im Atomschock !

Der Uran-Zwischenfall im südfranzösischen Kraftwerk Tricastin hat weitreichende Konsequenzen. In Deutschland werden neue Atomträume und -sehnsüchte geweckt. Die Bevölkerung ist angeblich aufgrund der hohen Energiekosten bereit, der Atomenergie in Deutschland eine neue Chance zu geben. Die Vorfälle in der „Uran-Waschanalage“ in Tricastin stimmen nicht gerade fröhlich. Nachdem am 11. Juli 2008 die französischen Behörden die Anlage wegen erheblicher Sicherheitsmängel vorläufig gesperrt hat; ist die Regierung in Paris unter Druck und stellt die Handlungskompetenz wieder her.

Nach den überraschend hohen Strahlungswerten in der Nähe des Reaktors hat der französische Umweltminister Jean-Louis Borloo nun eine umfassende Untersuchung des Grundwassers an allen Atomstandorten angeordnet. Ziel ist es, die Strahlenbelastung in der Nähe der Reaktoren zu messen. Der erst vor einem Monat eingesetzte Atomausschuss soll zuerst die Auswirkungen in Tricastin untersuchen und dann sollen vor allem die Strahlenbelastung im Grundwasser in der Nähe aller Meiler in Frankreich gemessen werden. Grund für diese operativen Maßnahmen sind die extrem hohen Strahlungswerte im Grundwasser bei Tricostin, die nicht allein mit dem jüngsten Vorfall erklärt werden können. Ursache ist möglicherweise eine Deponie, auf der seit den siebziger Jahren Atommüll aus militärischer Produktion gelagert wird. Unabhängige Experten warnen seit Jahren vor dieser nicht abgedichteten Deponie und befürchten, dass mit dem Regenwasser auch Uran ins Grundwasser gespült wird. Die radioaktive Strahlung von Uran reicht nur über kurze Entfernungen; gelangt der Stoff aber in den Körper, können schon kleine Mengen Krebs oder Veränderungen des Erbgutes auslösen. Außerdem kann Uran auch ähnlich wie Schwermetalle für eine Schädigung der Nieren und Leber sorgen.

Es bleibt abzuwarten, welche Ergebnisse die Untersuchungen erbringen. Eines bleibt aber klar: Die Atomenergie ist nicht umweltfreundlich und schon überhaupt nicht beherrschbar. Der Faktor Mensch mit seinen Stärken und Schwächen ist nicht auszuschalten und das Risiko einer Vernichtung der Lebensgrundlage ganzer Regionen wie in Tschernobyl, ist immer vorhanden, deshalb müssen wir mit aller Kraft nach Alternativen suchen. Die Haltung – es gibt keine Alternative – lasse ich nicht gelten, es gibt immer Alternativen; diese müssen nur konsequent gesucht, erforscht und genutzt werden.

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Obama erfindet Wahlkampf neu

Obama hat die besten Chancen, Sieger im Wettbewerb: „Worlds next Superpolitician“ zu werden. Der Hype um ihn erinnert mehr an einen Popstar, als an die langweiligen Politiker europäischer Prägung. Wir sind ja schon froh um Carla Bruni, die uns einen Hauch von Glamour als Premiere-Dame in Frankreich bietet.

Der Zeit-Mitarbeiter Jürgen von Rutenberg beschreibt in seinem Artikel „E-mail von Obama“ seine Sicht auf das Wahlkampfphänomen Barack Obama. Er zeigt die Mechanismen des Onlinewahlkampfes genau auf und es schwingt immer eine distanzierte Bewunderung für diese Art des Wahlkampfes mit: „Denn diese E-Mails haben tatsächlich eine Wirkung. Sie sind alles andere als Spam, dazu sind sie zu schön formuliert. Manchmal wunderschön. Ich bekomme jedenfalls nicht oft Mails, in denen Dinge stehen wie: „Jürgen, zusammen können wir Geschichte schreiben“; „Zusammen können wir mehr schaffen, als nur eine Wahl zu gewinnen. Zusammen können wir dieses Land verändern, und wir können die Welt verändern“; „Dies ist unser Moment. Dies ist unsere Zeit, dem Land, das wir lieben, eine neue Richtung zu geben.“ Let’s go!“

Diese Beschreibung macht sehr schnell deutlich, was „Jürgen“ so an „Barack“ beeindruckt; die emotionaliserte Art der Kommunikation. Dieses Gefühl, Teil einer großen, geschichtsträchtigen Bewegung zu sein. Schlicht und ergreifend: es schmeichelt dem eigenen Ego, Teil der Barack Obama Bewegung zu sein.

Allerdings stellte ich sehr schnell fest, dass Kurt-Beck-Partys oder eine Angie Merkel Unterstützungsbewegung den Charme einer Kartoffelsuppe haben. Wer wäre schon bereit, für die nächste Bundestagswahl 25 Euro plus X an die SPD oder die CDU zu spenden? Wer wäre schon bereit, seinen Freunden einen Link zu einer Youtube-Rede von Steinmeier oder Merkel zu senden? Wer würde in seiner Freizeit voller Begeisterung an einer neue Bundesrepublik mitbauen wollen? Barack Obama lebt von seinem Charisma und von seinem herrlich unpolitisch wirkenden Habitus.

Alleine die Diskussion über seinen Auftritt in Berlin macht deutlich, wie altbacken und „spießig“ die Politikerinnen und Politiker in Deutschland sind. Wie verkrampft sie mit dem Phänomen Obama umgehen. Wenn wir über die Alpen blicken und das Wahlkampfgetöse in Österreich anschauen, erwartet uns allerdings auch keine hoffnungsfrohere Botschaft. Da schlägt ein immer noch frustrierter Wolfgang Schüssel auf die Ex-Regierung mit der Bemerkung ein, die Kanzlerschaft sei eine „Selbsterfahrungs-WG ehemaliger Jusos“ gewesen. Ich wusste gar nicht, dass Molterer und Co bei den Jusos waren. Der immer machtbewusste Molterer phantasiert über Schwarz-Grün, obwohl 72 % der Österreicher davon ausgehen, dass es zu einer erneuten Großen Koaliton kommt. Mit der FPÖ wollen ja weder die SPÖ noch die ÖVP. Faymann und Burges kämpfen mit den Umfrageergebnissen und hoffen, dass die Basis sich erneut für den Wahlkampf mobilisieren lässt. Die Versuche der SPÖ und ÖVP im Web 2.0 stecken noch in den Kinderschuhen. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich fehlen die freiwillige Unterstützung einer Poltikerin oder eines Politikers wie das bei Barack Obama der Fall ist. Politik in Deutschland und Österreich ist langweilig oder fad. Es ist keine Hoffnung auf Erneurung zu spüren. Es werden die Ängste verwaltet oder brutal ausgenutzt. Die Wählerinnen  und Wähler empfinden keinen Aufbruch; sie haben das Gefühl, dass sie in bester Beamtenmanier verwaltet und ihre wahren Sorgen und Ängste nicht mehr warhgenommen werden. Eine den Großteil der Europäerinnen und Europäer erfassende Zukunftsvision ist weit und breit nicht zu sehen oder zu hören. Wir werden weiter unsere Sehnsüchte und Wünsche in eine Hollywoodreife Polit-Persönlichkeit wie Barack Obama projezieren müssen, da wir in den heimischen Gefilden einfach keine Projektionsfläche finden.

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PKK will andere Politik Deutschlands

Der Umgang mit der PKK in Deutschland ist von vielen Höhen und Tiefen für diese Partei geprägt. In den 80er Jahren unterstützte das linksliberale Milieu die Bestrebungen der Kurden und 1984 wurden auch die Bestrebungen der PKK für ein autonomes Kurdistan wohlwollend angenommen. Mit dem immer stärker werdenden Terror, vor allem in der Türkei, verschwand in der offiziellen deutschen Politik auch die Unterstützung für die PKK. Das Anliegen der Kurden ist für mich völlig nachvollziehbar. Sie waren ständig als Minderheit unterdrückt, ob im Irak, Iran oder in der Türkei, die Kurden wurden verfolgt und ihre kulturelle Freiheit absolut beschränkt. Allerdings hat sich die PKK genauso von ihren Idealen und Zielen entfernt wie die FARC in Kolumbien.

Die PKK ist auch unter den Kurden sehr umstritten und 1993 erließ Deutschland ein Betätigungsverbot gegen die PKK. Seitdem ist das Verhältnis zwischen PKK und der Bundesrepublik sehr gestört. Die Schließung des kurdischen Senders Roj-TV durch Bundesinnenminister Schäuble am 19. Juni 2008 schwächte die Propagandamaschinerie der PKK erneut sehr und sorgte für extremen Unmut bei der PKK. Vor diesem Hintergrund und der Erklärung von heute Mittag wird klar, dass die Entführung der drei deutschen Bundesbürger, die Änderung der deutschen PKK-Politik zur Folge haben soll.

Die Erklärung der PKK, die von der Nachrichtenagentur Firat verbreitet wurde, lässt keinen Zweifel. Die Geiseln kommen nur unter ganz bestimmten Bedingungen frei. Solange der deutsche Staat nicht erkläre, dass er „seine gegen das kurdische Volk und gegen die PKK gerichtete feindliche Politik aufgibt“, würden die entführten deutschen Staatsbürger nicht freigelassen, heißt es in dem Schreiben. Das sieht also nicht nach der noch gestern in Aussicht gestellten. schnellen Freilassung aus. Die deutsche Regierung wird sicherlich nicht auf die Forderungen eingehen und ihre Politik ändern. Die PKK kann auf eine Änderung der deutschen Politikwenig Hoffnung hegen  und ich glaube, es ist auch der richtige Weg, sich nicht erpressen zu lassen. Es ist für die deutsche Politik natürlich schwer, auf der einen Seite dem NATO-Partner Türkei loyal gegenüber zu stehen und auf der anderen Seite den verständlichen Forderungen der Kurden nach Selbstbestimmung und Freiheit nachzukommen.

Hier zeigt sich das große Dillema des 21. Jahrhunderts. Wie kann es gelingen, akzeptable bi- und multilaterale Beziehungen aufbauen und gleichzeitig die Menschenrechte für Minderheiten einzufordern? Der Umgang mit China ist in diesem Bereich ein Musterbeispiel dieser Herausforderung. Nicolas Sarkozy fährt zur Eröffnung der Olympischen Spiele nach China. Wie der Elysee-Palast bekanntgibt, mit wohlwollender Unterstützung von Angela Merkel, die die Auffassung vertritt, dass es gut sei, dass die EU einen „Abgesandten“ nach China schickt. Diese Merkel`sche Art der Politik ist natürlich eine moralisch nicht ganz einwandfreie. Allerdings lernt Angela Merkel sehr schnell. Hier im Lande spielte sie vor knapp einem Jahr die Retterin Tibets und schlug durch den Empfang des Dalai-Lama, die Deutsch-Chinesische Beziehung in Trümmer. Beim Besuch vor wenigen Wochen hatte sie schon „dazugelernt“ und war leider nicht in Deutschland, als es in Tibet heiß herging und der Dalai-Lama erneut die Bundesrepublik besuchte. Der derzeitigen Stimmung gegen China im eigenen Land will sie natürlich nicht entgegentreten und schickt deshalb mit freundlicher Unterstützung den französichen Staatspräsidenten los.  Und Sarkozy fährt für Aufträge überallhin, egal wie die Menschenrechtslage sich dort zeigt. Eines wird an diesen Beispielen klar. Essen kommt offenbar nach wie vor vor Moral. Dass dies nicht in Ordnung ist, steht auf einem anderen Blatt.

Wie sich allein an diesen Beispielen zeigt, ist Außenpolitik kein Kinderspiel. Die PKK wir weiter bomben und entführen, China weiter seinen harten Kurs gegenüber Regimekritikern verfolgen und die Opfer bleiben, egal in welchem Regime, meistens unschuldige Menschen.

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Das Ende eines tragischen Helden

Alfred Gusenbauer hätte zum Helden der österreichischen Sozialdemokratie werden können. Er hätte das Erbe eines Bruno Kreisky antreten können. Hätte, wäre, wenn – diese Worte kommen mir in den letzten Tagen immer wieder in den Kopf, wenn ich über Gusenbauers Kanzlerschaft nachdenke.

Hatte er doch die SPÖ überraschend bei den letzten Nationalratswahlen zur stärksten Partei geführt. Während seiner Zeit als Parteiobmann, fiel die Steiermark 2005 und Salzburg 2004 in die Hände der SPÖ. Der Triumph der Sozialdemokratie in Österreich schien 2007 nach den Nationalratswahlen perfekt zu sein. Die SPÖ triumphierte über die ÖVP und wurde mit der Regierungsbildung beauftragt, danach nahm das Schicksal seinen Lauf. Jeder kennt den tragischen Helden in der Literatur, der unschuldig, schuldig in den Abgrund stürzt. Das Scheitern des tragischen Helden ist dabei unausweichlich, seine Ursache liegt in der Konstellation und dem Charakter der Figur. Der Keim der Tragödie ist, dass der Mensch über das ihm zugeteilte Schicksal hinausgehen will. So sieht es die Literaturwissenschaft und die klassische Tragödie. Bei Alfred Gusenbauer stimmen einige der Merkmale überein. Er gibt selber zu, vielleicht ein wenig zu sehr auf den Kompromiss geachtet zu haben. Viele politische Beobachter attestieren ihm eine sehr hohe Intelligenz, allerdings unterstellen sie ihm auch immer wieder, er sei kein Mann für Details und mühsame Regierungsarbeit. Seine soziale Intelligenz war auch immer wieder zur Debatte gestellt. Einge Beobachter bescheinigten ihm sogar einen Grant auf die politische Kaste in Österreich. Offenkundig ist, dass Gusenbauer die Lage zu optimistisch eingeschätzt hat und zu viele Wahlaussagen gegen die ÖVP nicht durchsetzen konnte. Allerdings hat die ÖVP auch keine Möglichkeit ausgelassen, ihren Wahlfrust von 2007 am Regierungspartner auszulassen. Die ÖVP hat letztlich aus wahltaktischen Gründen die Regierungskoalition aufgekündigt. Die Argumentation eines Molterer ist dabei eher dünn. Die Europafrage stellte sich im Moment gar nicht. Es war kein aktuelles Thema und es wurde von den Konservativen hochgekocht.

Man munkelt auch, Wolfgang Schüssel hätte als Klubobmann eine „Exit-Strategie“ verfolgt und ganz minutiös den Aussteig aus der Großen Koalition geplant. Die ÖVP spielt erneut die Karte Neuwahlen, wie schon 1995 und 2002. 1995 brachte es der ÖVP gar nichts, 2002 jedoch einen fulminanten Sieg. Molterer, Schüssel und Co hoffen auf einen ähnlichen Effekt, auch sechs Jahre später. Vieles spricht dafür, dass die ÖVP Vorteile aus dieser Neuwahl ziehen kann, allerdings wird der größte Sieger wahrscheinlich die FPÖ des H.C. Strache sein.

Faymann und der SPÖ bleibt sehr wenig Zeit, um ihre Themen zu positionieren und das Profil des Spitzenkandidaten zu schärfen. Viele werfen ihm vor, dass er die Studiengebühren nicht abgeschafft hat, obwohl der Wissenschaftssprecher der SPÖ Josef Broukal Anfang der Woche schon triumphierte und eine Mehrheit im Parlament sah. Die SPÖ hielt sich allerdings an den Beschluss, die Koalition mit Anstand zu Ende zu bringen, was das in der Politik auch immer heißen mag. Meine Vermutung ist eine ganz andere: Die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Großen Koalition ist sehr hoch, da wollte man nicht schon vor dem erneuten Start das Verhandlungsklima vergiften. Werner Faymann muss nun der Spagat gelingen, die eigene Wählerschaft zu mobilisieren und dennoch den wahrscheinlichen Wahlsieger ÖVP nicht so vorzuführen, dass die Verhandlungsbasis von vornherein kaputt ist.

Die Themen liegen auf der Hand, es sind eigentlich sozialdemokratische Themen. Die Teuerungsrate und die Angst vor sozialem Abstieg ist in ganz Österreich allgegenwärtig. Diese Themen gilt es geschickt und als Erstes zu besetzen. Die Wählerinnen und Wähler wollen nicht, wie viele Beobachter und Journalisten glauben, die Wahrheit hören. Sie wollen nur endlich Ruhe und eine handlungsfähige Regierung. Glaubwürdigkeit wird das Thema werden. Es  geht um Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit in bester amerikanischer Kampagnenform. Da hat Alfred Gusenbauer sicherlich viel eingebüßt, deshalb war er auch nicht mehr als Kandidat tragbar. Allerdings sieht es mit der Glaubwürdigkeit der ÖVP auch nicht sehr viel besser aus. Denn viele wissen, dass diese Neuwahlen nur aus wahltaktischen Gründen vom Zaun gebrochen wurden.

Der tragische Held in diesem schlechten Polittheaterstück heißt eindeutig Alfred Gusenbauer, der mit seiner rationalen Art der Argumentation gescheitert ist. Mir kommt oft der Spruch des Vertriebsvorstandes eines der größten deutschen Finanzdiensleistungsunternehmen in den Kopf. Er bezeichnete seine Theorie als die „3 G’s im Vertrieb – Geist ist Gift fürs Geschäft“. Offensichtlich gilt diese Formel auch für die Politik: „Zuviel Geist ist Gift fürs politische Geschäft“. Unter dieser Maxime ist Gusenbauer tatsächlich der tragische Held. Er hat zuviel gewollt, war zu wenig Machtpolitiker, um seine Vorhaben knallhart durchzusetzen und wurde Opfer der Konstellation und des politischen Umfeldes in Österreich. Es bleibt für mich folgende Erkenntniss: diese Neuwahlen sind ein Zeichen der Hilflosigkeit der politischen Klasse in Österreich und zeigen nur deren machtpolitischen Anspruch und weniger die Sorge um das Wohlergehen des Volkes.

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Eingeordnet unter Österreich, Politiker, Wahlkampf

In Frankreich tritt Uranlösung aus – AKW ist leck

Die Diskussion, Kernergie als als sogenannte „saubere Energie“ zu klassifizieren, bestimmte den G8-Gipfel und zuletzt auch die deutsche Innenpolitik. Die Energiekrise und die steigenden Preise scheinen die Atomenergie wieder salonfähig zu machen.

Jetzt kommt es in Europa zur zweiten Panne in einem AKW innerhalb weniger Wochen. Anfang Juni hielt die Meldung eines Atomunfalls im slowenischen Krsko für kurze Zeit die Öffentlichkeit in Atem. Heute Abend sorgte gegen 21.00 Uhr eine Meldung aus dem südfranzösischen Tricastin für Schlagzeilen. In der AKW-Reinigungsanlage in der Nähe von Avignon sollen ersten Meldungen zu folge 30 Kubikmeter einer Flüssigkeit ausgetreten sein, die ca. 12 Gramm Uran pro Liter enthalten sein. Den umliegenden Bauern und Anwohnern wurde die Entnahme von Wasser verboten, obwohl nach offizieller Stellungnahme die Gefahr für die Bevölkerung als gering eingestuft wird.

Die Anti-Atomkraft-Gruppe Sortir du nucléaire warf den Behörden vor, den Zwischenfall zu verharmlosen. Es sei unmöglich, dass der Austritt uranhaltiger Flüssigkeit keine bedeutenden Konsequenzen für die Umwelt und die Gesundheit der Anwohner habe, hieß es in einer Erklärung. Wer verseuchtes Wasser trinke, habe die Partikel im Körper. Auch bei geringer Strahlung entstehe dann erhebliche Krebsgefahr.

Dieser erneute Zwischenfall wird die Akzeptanz der Nukleartechnik nicht unbedingt erhöhen. Gehen doch auch viele Sicherheitsexperten von erheblichen Risiken bei der verstärkten Nutzung der Kernernergie aus. Ganz abgesehen davon, dass die Endlagerung des atomaren Mülls immer noch in keiner Weise geregelt ist. Der Energiekonsens zwischen der Rot/Grünen-Regierung und der Energiewirtschaft wird nach solchen Meldungen doch wieder stärker in den Fokus rücken und die Wirtschaft sich an den alten Rechtsgrundsatz „Pacta sunt servanda“ erinnern. Nach meiner Meinung bleibt die Kernenergie ein Tanz auf dem Vulkan. Wir lösen die fossile Energiepest durch die Kernenergie-Cholera ab, keine sehr lukrative Alternative.

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Strafe muss sein.

Hat der ehemalige BAWAG-Chef, Helmut Elsner, sein Fett doch noch abbekommen. 9,5 Jahre Haft für Bilanzfälschung, Untreue und schweren Betrug. Ein gerechtes Urteil wie in Österreich alle Kommentatoren finden. Der Boulevard forderte schon sehr früh harte Strafen und ein radikales Vorgehen gegen die Schuldigen. Die Politik beteiligte sich mit unglaublicher Vehemenz an dem Spiel das da hieß: „Jagd auf Rote Finanzhaie“. Von einer Gewerkschaftsbank erwarteten natürlich alle Menschen ein moralisch besseres und noch integereres Verhalten als von jeder anderen Bank in Österreich. Unisono wurde eine harte Strafe für die Verantwortlichen gefordert und das Volk forderte Satisfaction und die Verurteilung von „denen da oben“. Was war eigentlich passiert? Die BAWAG hatte dem US-Broker Refco, an dem sie gleichzeitig beteiligt war, faule Kredite von 425 Millionen Euro Höhe gewährt und mit Wolfgang Flöttl riskante Spekulationsgeschäfte, in Höhe von ca. 900 Millionen Euro, in der Karibik getätigt. Summa summarum warf die Staatsanwaltschaft den BAWAG-Verantwortlichen also einen Schaden von ca. 1,3 Milliarden Euro vor. In der momentanen Zeit der Massenabschreibungen in Milliardenhöhe, wegen fauler Kredite in den USA, eher eine lächerliche Summe. Wie man hier sieht, geht es um ein Vermögensdelikt. Die vorsitzende Richterin des Schöffengerichts, beteuerte die Unabhängigkeit des Urteils und die unbeeinflusste Würdigung des Tatbestandes. Richterin Claudia Bandion-Ortner machte zur Urteilsverkündung jedoch eine eher juristisch komische Rechnung auf, aber der Boulevard wird es ihr danken. „Ab 50.000 Euro beträgt die Mindeststrafdrohung bei Untreue 1 Jahr Haft. Bei Elsner wird die Wertgrenze um das 34.000fache überschritten. Bei so einer Rechnung hätte das 34.000 Jahre Haft ergeben“, so die Richterin Claudia Bandilon-Ortner. Für einer Richterin eine eher seltsame Rechtsauffassung, da der Gesetzgeber ja eine Höchststrafe von 10 Jahren Haft vorsieht. An solchen Rechenbeispielen sieht man schon, von welch Geistes Kind diese Diskussion geprägt ist. Helmut Elsner erhält fast die Höchststrafe. Für einen 73-jährigen, herzkranken Mann, keine all zu schöne Aussicht. Deshalb legt er auch verständlicher Weise Rechtsmittel ein, auf die der Staatsanwalt im Fall Elsner verzichtet, was auch nicht verwundert, mehr Strafe geht fast nicht. Es gibt auch sonst noch einiges Bemerkenswertes während der Urteilsverkündung. Die Richterin setzte gegen jeglichen Usus ihr sog. „Amtskappl“ auf und ließ alle Anwesenden während der mehr als einstündigen Urteilsverkündung stehen. Da fällt mir doch sofort Fritz Teufel, der berühmteste Kommune 1 Vertreter, ein. Schrieb er doch mit seiner spontanen Reaktion: „Na ja, wenn’s der Wahrheitsfindung dient“ – auf die Aufforderung aufzustehen, als der Vorsitzende Richter erschien, deutsche Rechtsgeschichte. Aber alles musste wohl würdig und hochoffiziell sein, an diesem ersten Freitag im Juli, im Wiener Gerichtssaal. Das Urteil entspricht natürlich dem vorgesehenen Strafrahmen im Strafgesetzbuch, für zu hart halte ich es allemal. Vergleicht man nämlich so ein Eigentumsdelikt mit anderen Straftaten, die in Österreich verhandelt wurden, so merkt man erst, wie absurd die Rechtssprechung und vor allem das Strafrecht in Österreich ist. So ist unter http://oesterreich.orf.at/wien/stories/152070/ ein Fall einer besonders schweren Vergewaltigung beschrieben. Das Urteil: 8 Jahre Haft. Das Strafmaß für solch eine Vergewaltigung ist nach § 201 (2) mit fünf bis fünfzehn Jahren angegeben. (§ 201 Vergewaltigung: (1) Wer eine Person mit Gewalt, durch Entziehung der persönlichen Freiheit oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung nötigt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu bestrafen. (2) Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) oder eine Schwangerschaft der vergewaltigten Person zur Folge oder wird die vergewaltigte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, hat die Tat aber den Tod der vergewaltigten Person zur Folge, mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen [Neugefasst durch BGBl I 2004/15].) Bei solch einem Vergleich wird die wirkliche Härte dieser Strafe erst deutlich. Allerdings hat sich in den Medien niemand die Mühe gemacht, einen solchen Vergleich anzustellen, denn es ist offensichtlich viel bequemer, mit dem Mainstream zu schwimmen und zu rufen: „Hängt den Betrüger!“. Ich erwarte wahrscheinlich einfach zuviel von Kommentatoren der freien Presse. Gott sei Dank, habe ich ein eigenes Hirn zum Denken. Sapere aude ist die Maxime des aufgeklärten Bürgers. Einige Zitate, die während des Prozesses getätigt wurden. Elsner zur Richterin: „Während Sie abgetanzt haben, habe ich hart gearbeitet.“ (Macht den unsympathischen Elsner nicht sympathischer) „Es gibt mehrere Personen im Gericht, die Schmerzen haben.“ Richterin Bandion Ortner zu Helmut Elsners Klage über sein Ohrenweh. (Für eine Richterin auch nicht gerade clever) „Und ewig grüßt das Murmeltier.“ Die langwierige Abarbeitung der 1000 Fragen an Gutachter Friz Kleiner nervt auch die Richterin Claudia Bandion-Ortner am 94. Verhandlungstag. (Liebe Frau Richterin, die Strafprozessordnung erlaubt solche Sachen, deshalb nicht ungeduldigt werden 😉 ) „Man müsste ihn fragen, ob er an kognitiver Dissonanz leidet. Das ist ein Zustand, in dem man weiß, dass man Dinge falsch darstellt, sie aber trotzdem falsch darstellt, weil man recht behalten will.“ Elsner über das Gutachten von Sachverständigen Kleiner. Zuvor hatte er das Gutachten bereits als „Unfug“ bezeichnet. (Was soll ich sagen, Elsner bleibt ein Ekelpaket“)

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Er ist ehrgeizig und machtbewusst – und pöbelt

Die Newsweek zeigt ihn auf dem Titelblatt und widmet ihm die Titelstory in ihrer Ausgabe vom 30. Juni 2008. Als EU-Ratspräsident und im Fall Betancourt ist er in allen Medien und trotz alledem ist sein Ruf – selbst in Frankreich – ein katastrophaler. Die Rede ist von Nicolas Sarkozy, Sohn eines 1944 aus Ungarn geflüchteten Landadeligen und der Juristin Andrée Mallah, die Enkeltochter eines jüdischen Juweliers aus Thessaloniki.

Sein politischer Machtwille zeigte sich schon sehr früh.  Schon mit 22 Jahren war er Gemeinderat in der Stadt Neuilly-sur-Seine, dort wurde er 1983 auch Bürgermeister und blieb bis 2002 im Amt. Von 1993 bis 1995 war er Haushaltsminister und von 2002 bis 2004 Innenminister in Frankreich.

Seine Pöbeleien sind legendär. So bezeichnete er Demonstranten als „Gesindel“ und beschwerte sich bei einem Rentner, dass dieser ihm nicht den notwendigen Respekt zollte. Vor wenigen Tagen erst attestierte er leicht gereizt einem Techniker des Fernsehsenders FR3 eine sehr schlechte Erziehung, weil dieser ihn nicht gegrüßt hatte. „Ca va changer“ oder „Das wird sich ändern“ soll er gesagt haben. Er meinte damit wahrscheinlich die Kinderstube in Frankreich, wie es die Liberation interpretierte und drohte dem Techniker keinesfalls. Allerdings konnte Frankreich nicht sehr viel Charme von ihm erwarten, ist er doch eher für seine derbe Art bekannt und als Politiker war er noch nie als Sprachkünstler oder gar Präsidial aufgefallen. Sogar seine Dritte Ehefrau Carla Bruni-Sarkozy bescheinigt ihm ein „Cretin“ zu sein. So war in ihrer Biografie zu lesen, dass sie eigentlich nicht mit „Cretins“ essen ginge, aber für ihn eine Ausnahme gemacht habe. Das ist der charmante Beginn einer leidenschaftlichen Beziehung. Kein Präsident hat es bis dato geschafft, innerhalb so kurzer Zeit soviel Sympathien in Frankreich zu verspielen. Auch die PR-Offensive mit Ingrid Betancourt wird ihm nur kurzfristig helfen, sein Image zu polieren.

Seine Medienpolitik ist in Frankreich nicht nachvollziehbar, nicht wenige vermuten, dass er Berlusconi  II. werden wolle. Seine Angriffe auf die öffentlich rechtlichen Medien führen zu extremem Widerstand in den Medien. Der Chef des staatlichen Fernsehens hat sich für seine Verhältnisse mehr als deutlich zu den Plänen und der Auffassung des Staatspräsidenten geäußert und das nicht sehr positiv.

Seine EU-Agenda wird im eigenen Land als zu hochtrabend angesehen, denn 5 Punkte solcher Tragweite in einem halben Jahr erledigen zu wollen, scheint selbst den größten Europaoptimisten zu optimistisch zu sein.

Die Lissabonvereinbarung retten, Europa zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz machen, die Einwanderungspolitik in Europa harmonisieren, die Auswirkungen der Globalisierung auf die Bevölkerung vermindern, die Mittelmeerunion an den Start bringen, eine EU-Verteidigungspolitik soll Wirklichkeit und die Neuverteilung der Agrarsubventionen soll in Angriff genommen werden. Eine Agenda, die für 10 Jahre reichen würde, will „Speedy Sarko“ in einem halben Jahr durchdrücken und das wenn es geht, ohne die jetzigen Besitzstände zu gefährden. Er will also die Quadratur des Kreises und wird damit scheitern, wie kaum ein Ratspräsident vor ihm. Seine Kommunikationsstrategie ist wenig diplomatisch. Er hat es in einer Woche geschafft, die EZB gegen sich aufzubringen. Er hat außerdem den britischen EU-Handelskommissar Peter Mandelson bei der WTO in Misskredit gebracht und somit die EU-Administration düpiert. Für die Agenda, die er sich auf die Fahne geschrieben hat, ist dies alles mehr als kontraproduktiv. Schauen wir uns doch mal die Pläne im Detail an:

  1. Mittelmeerunion: Schon am 13. Juli soll während eines EU-Gipfels die sog. „Union für das Mittelmeer“ gegründet werden. Sie soll sich dann um konkrete Projekte im Bereich Wasser, Infrastruktur und Umweltschutz kümmern. Die Einladung von Lybiens Staastschef Ghadaffi, sowie die Nahostkrise, gefährden diese Union allerdings schon im Vorfeld und auch ein Großteil der EU-Mitgliedsstaaten ist nicht gerade begeistert über diese Idee von Sarkozy. Führte sie doch bereits zu leichteren Verstimmungen zwischen Angela Merkel und Nicolas Sarkozy.
  2. Klimaschutz: Um 20 % sollen der CO2-Ausstoß bis 2020 reduziert werden. 20 % des Energiebedarfs soll aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Frankreich setzt dabei ganz auf die für Sarkozy umweltfreundliche Atomenergie. Dies wird mit Deutschland und den Deutschen kaum machbar zu sein, von Österreich ganz abzusehen.
  3. Einwanderungspolitik: Sarkozy, ein Hardliner im Bereich Einwanderung, obwohl selber Nachfahre von Einwanderern, will härtere Maßnahmen für illegale Einwanderer. Diese sollen schneller als bisher abgeschoben werden. Menschlichkeit ist dabei keine Kategorie, wie Sarkozy in Frankreich neuerdings immer mehr beweist. Außerdem will er auf EU-Ebene Massenlegalisierungen verbieten. Spanien hat seinen Widerstand schon angekündigt.
  4. Verteidigung: Sarkozy will die EU-Eingreiftruppe, Flugzeugträgerverbände und eine gemeinsame Verteidigungspolitik der EU. Frankreich wäre sogar bereit, zu diesem Zwecke wieder der Nato beizutreten, obwohl die EU auch ohne NATO agieren könnte. Der autonome Planungsstab soll seinen Sitz in Brüssel haben. Einige Mitgliedsstaaten halten allerdings nicht viel von der Doppelstrategie EU/NATO.
  5. Agrarpolitik: Sarkozy will eine Reform der Agrarpolitik ab 2012 vorbereiten. Diese soll sich vor allem durch folgende Punkte auszeichnen: Priorität von EU-Agrarprodukten, die Garantie für eine Lebensmittelversorgung mit eigenen Produkten und mehr Geld für die Agrarforschung. Viele sehen darin ein nicht ganz uneigennütziges Projekt, denn die französische Landwirtschaft ist bis dato der Hauptprofiteur der EU-Agrarsubventionen.
  6. Rettung der Lissabonvereinbarung: Auch hier will er die Quadratur der Kreises. Er will das Votum der Iren ernst nehmen und akzeptieren und hält doch an einer Ratifizierung fest. Dass eine Reform wünschenswert ist, darin besteht für mich kein Zweifel. Allerdings verabschieden sich immer mehr Regierungen in die Büsche, ob Österreichs SPÖ, die schwedisch SAP oder der polnische Staatspräsident, alle wollen nicht einfach weiter so wie bisher bei der Ratifizierung mit machen. Auch der deutsche Bundespräsident Köhler wartet auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Lissabon ist nicht zu retten, so meine Einschätzung. Ein neuer Vertrag muss her und der wird dann wohl oder übel über Volksabstimmungen ratifiziert werden müssen.

Es ist keine leichte Ratspräsidentschaft für Nicolas Sarkozy, deshalb gönne ich ihm den PR-Zirkus im Fall Betancourt. Obwohl jeder weiß, dass Sarkozy mit der Befreiung nichts zu tun hatte, soll er doch einige Tage öffentlich genießen, denn die Zeiten werden schnell wieder andere werden.

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